Geschichte

Efferdaspokal 2006


Einführung
Adrastea von Waldstein-Tannfels stand am Fenster ihres Studienzimmers und blickte auf die Wiesen und Weiden hinaus. Die winterliche Stille war unbeschreiblich schön.
Es war kaum zu glauben, dass sie keine Reitstunde von der Hauptstadt des Horasreiches entfernt war.
Hinter den Hügeln versuchte sie die vertrauten Schemen der Mauern und Türmchen der Kapitale ausfindig zu
machen, doch es war heute viel zu neblig. Obwohl es nicht geschneit hatte war es kalt geworden. Natürlich nicht zu vergleichen mit den Wintern im Gjalskerland, jedoch musste die Reichsritterin einsehen, dass sie in den letzten Jahren einen Großteil ihrer Kälteresistenz eingebüßt hatte.
Sie war sesshaft geworden. Der wilde Raubvogel wurde zum Zaunkönig. Wer hätte das gedacht.
Sesshaft an einem Orte, der nicht weit genug weg sein konnte von den Schrecken der Mythraelsfelder und den
Flammen des letzten Jahres.
Der Blick der Exilantin strich über die Auszeichnungen und Erinnerungsstücke an der Rückwand des
Arbeitsraumes. Der große Bärenorden. Noch von Waldemar verliehen...
Eine Kopie des Adelskalendariums mit dem Eintrag ihres Namens. Ein Swafniramulett von der Phileasson Expedition...
Kaum vorstellbar das sie einmal mit dem alten Feind, den Thorwalern umhergefahren ist...
Sanft spielten ihre Hände mit dem Knauf ihrer schartig gewordenen Barbarenstreitaxt. Heptarchentod, so wurde ihre wuchtige Doppelklinge im Scherze genannt.
Doch all diese Zeiten waren vergangen. Die Enddreissigerin blickte über die Relikte ihres bewegten Lebens.
Schade, dachte sie, als sie die vielen kleinen Fundstücke betrachtete. Die ehemalige Hauptfrau wurde aus ihren Träumereien gerissen als die Tür sich knarzend öffnete.
„Euer Wohlgeboren?“ Adrastea sah den jungen Bauernburschen vom Bracacciohof mit nervösem Blick in der
Tür stehen.
„Was gibt es denn Alessio?“ schnaubte die Adlige verärgert.
„Flavio und Frau Perainelieb sind fertig mit den Vorbereitungen.“ Alessios Augen wurden immer größer als er
die im ganzen Raum verteilten Kuriositäten und Schmuckstücke bewunderte.
„Ist das wirklich alles von Euch, Euer Wohlgeboren?“
Adrastea gönnte sich ein stolzes Lächeln.
„Ich bin leidenschaftliche Sammlerin. Das meiste davon habe ich selbst gesammelt, aber einiges wurde mir auch
von alten Freunden zugeschickt.“
Die Ritterin betrachtete den jungen Bracaccio amüsiert.
Also ist es doch eine gute Idee, dachte sie und begann die Holzkisten zu füllen.
Noch am gleichen Abend waren die Arbeiten an dem alten Haus der Garvaldi Familie abgeschlossen.
Der letzte der Garvaldis war im Herbst zu Boron gegangen und hatte als Erben für sein Haus und Grund das
Dorf Efferdas angegeben.
Was nun also tun mit dem unverhofften Glück?
Der Dorfrat im „Alten Zöllner“ hatte tagelang gegrübelt und sich schließlich für eine Nutzung als „Efferdas
traviagefälliges Heimatmuseum“ entschieden.
Bereits seit einigen Jahren war das Dörfchen in der Nähe der Kaiserstadt zu einem beliebten Ausflugsziel für
bürgerliche Einwohner Vinsalts geworden und auch so mancher junge Adlige wagte sich mit seiner Favoritin in
den bekannten „Garten der Liebenden“.
Nun also war der große Tag gekommen und das ganze Dorf hatte sich vor dem „Museum“ versammelt um den
salbungsvollen Worten des nominellen Dorfoberhauptes, der Geweihten Kornlind zu lauschen.
Ein Großteil des kuriosen Bestands hatte man der Hinzugezogenen Exilgaretherin Adrastea von Waldstein-
Tannfels zu verdanken, die annähernd alle Andenken an ihr vorläufig unterbrochenes Abenteuerleben dem
Dörfchen gespendet hatte.
Während sich die stolzen Dörfler auf einen ersten Erkundungsgang durch die Räumlichkeiten machten, nutze
Adrastea die Zeit um das gusseiserne Türschild zu befestigen.
Im gesamten Ort konnten gerade mal vier Leute lesen, aber für die Besucher sollte man dennoch nicht am
falschen Ende sparen.
Nachdem sie die Platte angebracht hatte prüfte sie noch einmal die Nägel und las ein weiteres Mal den
wunderschönen gravierten Schriftzug.